Lerntheoretische Modelle

21 Kritik an lerntheoretischen Techniken

Die Bedeutung der behavioristisch orientierten Psychologie ist seit den 1950er Jahren ständig gewachsen, und die lerntheoretischen Modelle gewannen besonders im klinischen Bereich im Rahmen der Verhaltenstherapie grossen Einfluss. Verhaltenstherapeutische Techniken wurden und werden erfolgreich im klinischen, aber auch im pädagogischen Bereich angewendet.

Das behavioristische Modell hat aber auch Schwächen. So ist es umstritten, ob abweichendes Verhalten einfach das Resultat von unangemessener Konditionierung ist. Es gibt Erkenntnisse aus Lernlabors, die zeigen, dass die Prinzipien von Reiz, Reaktion und Verstärkung, die einst die Grundlagen dieses Modells bildeten, in Lernexperimenten in Frage gestellt wurden. Manche Studien zeigen sogar, dass Versuchstiere und -personen in einer Weise Verhalten erwerben und beibehalten können, die den Grundprinzipien der Konditionierung widerspricht (Comer, 2008).

Schliesslich wird kritisiert, der behavioristische Ansatz vereinfache zu sehr, seine Begriffe und Prinzipien könnten die Komplexität des menschlichen Verhaltens nicht adäquat abbilden, und die menschliche Fähigkeit zu kritischem Denken werde unterschätzt (Comer, 2008). Bundschuh (2008) sagt dazu: Die ursprüngliche Verhaltenstheorie erweist sich als zu eng angelegt, interne Prozesse des Menschen werden geleugnet, komplexes Verhalten (Handlungen) und komplexe Situationen, Emotionen sowie Motivationen können nicht hinreichend erfasst und beschrieben werden. Eine Gefahr im pädagogischen Bereich besteht darin, dass sich Lehrer zu sehr am äusserlich wahrnehmbaren Verhalten, also an Symptomen, orientieren, und diese nicht als Signale von Konflikten und Notsituationen wahrnehmen. Bei vielen Fachleuten hat Verhaltenstherapie den Ruf eines «zudeckenden Verfahrens». (S. 277)

Die Techniken der Verhaltensmodifikation bergen aber auch immer die Gefahr der Manipulation von Kindern, Jugendlichen (und Erwachsenen). Der Manipulationsvorwurf ist denn auch eine häufig geäusserte Kritik an behavioristischen Techniken im Rahmen der Pädagogik. Gemäss Bundschuh (2008) [schränke] Verhaltensmodifikation als ein Instrument der Manipulation den Freiheitsraum ein, verhindere Eigenaktivitäten, Einsichten, schlichtweg Möglichkeiten der Kreativität, Selbstentfaltung des Individuums. Tatsächlich muss gefragt werden, wer letztendlich die Normen für ‹richtiges›, ‹störungsfreies›, ‹angepasstes› Verhalten festlegt und ob nicht auch Missbrauch betrieben werden kann (S. 273).

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