Brüche, Prozente
Schwierigkeiten mit Bruchzahlen
Das Thema Brüche ist ein zentraler Inhalt im Mathematikunterricht des 2. Zyklus. Aufgrund der Komplexität von Brüchen treten nicht nur bei schwächeren Schülerinnen und Schülern häufig Schwierigkeiten auf. Dass Brüche einerseits feste Grössen sind, andererseits aber immer auch eine relative Grösse, also ein Anteil einer anderen Grösse sein können, ist eine besondere Herausforderung.
Schwächeren Schülerinnen und Schülern fehlt oft eine Grössenvorstellung von Brüchen. Sie erkennen den Zusammenhang zwischen Brüchen und Dezimalzahlen nicht. Rechenaufgaben mit Brüchen versuchen sie dann mit unverstandenen Regeln zu lösen und bringen diese entsprechend häufig durcheinander (Vgl. Lassnitzer & Gaidoschik, 2007, S. 1)
Bei der Förderung geht es daher zunächst um den Aufbau eines fundamentalen Verständnisses des Bruchbegriffs mit seinen verschiedenen Bedeutungen.
Unterschiede zwischen natürlichen Zahlen und Bruchzahlen
Mit der Einführung der Bruchzahlen sind verschiedene Grundüberzeugungen, die in den ersten vier Schuljahren aufgebaut wurden und die bei den natürlichen Zahlen richtig waren, nicht mehr gültig:
- Die Zahldarstellung ist bei den natürlichen Zahlen eindeutig. Jede natürliche Zahl hat genau einen Namen, der aus einer Folge von Ziffern besteht.
- Eine Bruchzahl kann aber ganz unterschiedlich dargestellt werden.
- Jede natürliche Zahl hat einen Nachfolger und einen Vorgänger. Bruchzahlen haben keinen unmittelbaren Nachfolger. Zwischen zwei Zahlen liegen unendlich viele andere Zahlen.
- Die natürlichen Zahlen beantworten die Frage «wie viele»? Sie sind das Ergebnis eines Zählvorgangs. Natürliche Zahlen bestimmen die Anzahl (Kardinalaspekt) oder definieren einen Rangplatz (Ordinalaspekt). Brüche hingegen «haben viele Gesichter». (Hefendehl-Hebecker, 1996) Sie sind eine relative Grösse und beschreiben einen Teil eines Ganzen, sie können aber auch eine absolute Grösse sein oder sie sind das Ergebnis einer Division.
- Bei den Brüchen können kleinere Zahlen sowohl kleinere Werte als auch grössere Werte bedeuten. (Vgl. Schmassmann & Moser Opitz, 2011, S. 71)
- Die Division ist mit den natürlichen Zahlen nicht immer restlos möglich. Wenn die Division restlos möglich ist, dann ist das Ergebnis immer kleiner als die geteilte Zahl. Mit Bruchzahlen sind Divisionen immer ohne Rest möglich. Wird durch eine Bruchzahl dividiert, die kleiner als 1 ist, so ist das Ergebnis grösser als die geteilte Zahl.
- Werden zwei natürliche Zahlen multipliziert, die grösser sind als 1, so ist das Ergebnis grösser als jeder der beiden Faktoren. Ist einer von zwei Faktoren einer Multiplikation eine Bruchzahl, die kleiner als 1 ist, so ist das Ergebnis kleiner als der andere Faktor.
Alltagsbezug
Brüche kommen im Alltag in unterschiedlichen Kontexten vor. Die Bruchzahl hat je nach Situation eine andere Bedeutung und muss inhaltlich richtig gedeutet werden. Gewöhnliche Brüche kommen im Alltag nur selten vor. Bei Musiknoten sprechen wir von ganzen, halben, viertel, achtel oder sechzehntel Noten, wir essen eine halbe Pizza oder vierteln einen Apfel, wir kaufen ein halbes Kilo Brot und finden in der Zeitung Inserate für eine 3 ½-Zimmer-Wohnung.
Grundvorstellungen
Zu Bruchzahlen gibt es viele unterschiedliche Grundvorstellungen (Vgl. Malle, 2004, 4 f. und Padberg & Wartha, 2017, 19 ff.)
Der Bruch als
- Teil eines Ganzen,
- Teil mehrerer Ganze
- Operator,
- Resultat einer Division
- Verhältnis
- Quasikardinalzahl,
- Bruchzahl als Quasiordinalzahl, Beispiel
- absoluter Anteil
Es lassen sich zwar Verbindungen zwischen den verschiedenen Grundvorstellungen finden, aber zum Lösen von Aufgabenstellungen kann nicht beliebig eine der Grundvorstellungen ausgewählt werden, sondern es muss die passende Grundvorstellung aktiviert werden (vgl. Schink, 2012, S. Dies stellt Schülerinnen und Schüler vor grosse Herausforderungen.
Kernideen Bruch als Anteil
Der Bruch verstanden als Anteil von einem Ganzen ist eine zentrale Grundvorstellung. Der Anteil muss immer in Bezug zu einem Ganzen und zu einem Teil interpretiert werden.
Folgende Kernideen müssen aufgebaut werden:
- Das Ganze kann variieren. Es kann ein Ding, ein geometrisches Objekt, eine Menge, eine Gruppe von Dingen sein.
- Das Ganze wird in gleich grosse Teile geteilt.
- Der Nenner gibt die totale Anzahl Teile an.
- Je grösser der Nenner, das heisst, in je mehr Teile das Ganze geteilt wird, desto kleiner werden die Teile.
- Der Zähler gibt die Anzahl ausgewählter Teile an.