1 Definition Sehbeeinträchtigungen und Blindheit
In den deutschsprachigen Ländern ist insbesondere die sozialrechtlich-medizinischen Bezeichnungen der DOG (Deutsche Ophtalmologische Geselleschaft) verbreitet. Unterschieden werden Sehbehinderung, hochgradige Sehbehinderung und Blindheit. Als Oberbegriff wird häufig der Begriff Sehbeeinträchtigung (manchmal auch Sehschädigung) genutzt.
Als sehbehindert gelten Personen mit einem Visus (=Sehvermögen) ≤ 0.3, als hochgradig sehbehindert Personen mit einem Visus ≤ 0.05 und als blind Menschen mit einem Visus ≤ 0.02. Dabei ist die Sehschärfe auf dem besseren Auge entscheidend (gemessen mit Korrektur wie Brille oder Kontaktlinse). Zusätzlich werden auch Einschränkungen des Gesichtsfeldes berücksichtigt. Sozialrechtlich-medizinisch als „blind“ bezeichnete Menschen können demnach durchaus noch über (sehr begrenzte) visuelle Wahrnehmungsmöglichkeiten verfügen.
Die Bedeutung der sozialrechtlichen Klassifikationen liegt nicht darin vorherzusagen, wie jemand sein Sehvermögen einsetzt und Seheindrücke auswertet. „Klassifikationen machen nur dann eine Aussage über die Möglichkeiten und Schwierigkeiten, die eine Person hat, wenn sie sich auf Strukturen, Funktionen, Aktivität und die Partizipation beziehen und die Umweltfaktoren mit berücksichtigen. lm Allgemeinen dienen sie vor allem der Vereinheitlichung der Sprachregelungen, dem Zugang zu Hilfesystemen und dem Vergleich. Die Zuordnung einer individuellen Person zu einer Kategorie macht keine Aussage über deren individuelle Möglichkeiten“ (Walthes, 2014, S. 60).
Aus diesem Grund wird im pädagogischen Kontext häufig auf das bio-psychosoziale Modell der ICF oder das Würfelmodell von Anne Corn (1983) zurückgegriffen, um das Sehbeeinträchtigung möglichst funktional zu beschreiben. Die sozialrechtliche Klassifikation anhand des Visus (siehe oben) ist wiederum die Voraussetzung für die Feststellung des sonder- und heilpädagogischen Förderbedarfs (durch einen Mediziner) und weiterer Zuwendungen wie beispielsweise Hilfsmittel.
Visus (= Sehschärfe)
Grundlage für die Klassifikationen von Sehbeeinträchtigungen ist die Sehschärfe. Um diese zu messen muss die Testperson Sehzeichen (ab dem Schulalter meist Buchstaben oder Zahlen) in einer Normdistanz erkennen. Diese Sehzeichen werden auch als Optotypen bezeichnet.
Aus der Differenz zwischen Normdistanz und tatsächlicher Prüfdistanz lässt sich die Sehschärfe folgendermassen errechnen: [latex]Visus = \frac{Prüfdistanz}{Normdistanz}[/latex]
Das nachfolgende Beispiel verdeutlicht wie man den Visus berechnen kann:
Neben Visuswerten für die Ferne kann mit entsprechend normierten Prüftafeln auch ein Nahvisus bestimmt werden. Dieser ist im schulischen Kontext bei Lese- und Schreibtätigkeiten von grosser Bedeutung. Visuswerte werden in den deutschprachigen Ländern meistens als Dezimalzahl geschrieben während in den englischsprachigen Ländern die Darstellung in einem Bruch üblich ist.
Simulation Sehschärfe
Ein niedriger Visus kann sich auf ganz unterschiedliche Lebensbereiche auswirken, z.B. auf die Personenerkennung, die Erkennung von Gestik und Mimik, die Erkennung von Verkehrsschildern oder Warnhinweisen, auf Lesen & Schreiben, die Erkennung von Details und somit Informationen über die Umwelt, Objekte und Formen, wodurch die Begriffsbildung erschwert sein kann.
Zusammenfassung