4 Farbwahrnehmung (ICF-CY b21021)
Die Farbwahrnehmung bezeichnet die Fähigkeit des Erkennens und Unterscheidens von Farben. Eine Farbenfehlsichtigkeit ist im Gegensatz zu einer Farbenblindheit (der Unfähigkeit, bestimmte Farben zu erkennen) im Allgemeinen gut zu kompensieren. Nach Flom (2004) treten die meisten Farbsinnstörungen bei ansonsten normalsichtigen Personen auf. Sie werden durch erbliche Fehlanlagen der Photorezeptoren der Netzhaut hervorgerufen. Farbsinnstörungen können auch durch schwerwiegende Augenerkrankungen verursacht werden, die mit eingeschränkter Sehschärfe und anderen visuellen Problemen einhergehen (vgl. Flom 2004, 46). Achromatopsie ist ein Beispiel für eine angeborene Farbenblindheit, die durch den Verlust der Zapfen (Sehzellen, die für das Sehen von hellem Licht und Farben zuständig sind) hervorgerufen wird und mit verminderter Sehschärfe, Nystagmus und Lichtempfindlichkeit einhergeht. Angeborene Farbsinnstörungen, insbesondere Rot-Grün-Schwächen treten bei Männern mit 8 % wesentlich häufiger auf als bei Frauen mit 0,4 % (vgl. Grehn 2006, 230).
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, das Farbensehen zu testen. Häufig sind standardisierte Tests mit Personen, die nicht sprechen können, schwierig durchzuführen.
Folgende Tests eignen sich zur Überprüfung des Farbensehens:
- HRR-Farbtest (geometrische Formen)
- Ishihara-Farbtest (Zahlen)
- Färbtest nach Velhagen (Zahlen und Buchstaben)
- Matsubara-Test (Version mit Bildern)
- Panel-16, Farnsworth-Hue (verschiedenfarbige „Teststeine“ die in eine Reihe gebracht werden müssen)
- Anomaloskop (ein Gerät, mit dem der Augenarzt das Ausmaß einer Rot- Grün-Störung feststellen kann)
Beim HRR-Farbtest, Ishihara- oder Matsubara-Test kann man die Formen, Zahlen oder Bilder mit einem Pinsel nachziehen lassen, so dass beobachtet werden kann, ob eine Person die Linien erkennt, auch wenn sie nicht spricht. Dies setzt allerdings eine relativ gute Auge-Hand-Koordination und eine Sehschärfe voraus, die das Erkennen der Zeichen ermöglichen. Diese Tests verwenden Zeichen in Pastelltönen und funktionieren schlechter oder gar nicht, wenn Kinder Einschränkungen des Kontrastsehens haben (Hyvärinen, Jacob 2011, 94). Bei einer quantitativen Messung des Farbsehens ist es die Aufgabe des Kindes die Teststeine, die einen Durchmesser von knapp 3,3 cm haben, in eine Reihenfolge zu bringen. Bei Kindern mit Beeinträchtigungen des Sehens sind die großen Oberflächen des Panel 16-Tests besser geeignet als kleine Oberflächen, (wie beim Farnsworth-Test). Man beginnt mit einem „Pilotstein“ und fordert das Kind auf, die 15 nachfolgenden Teststeine in eine Reihenfolge zu bringen, so dass der Stein dem vorausgegangenen Stein so ähnlich wie möglich sieht. Fehler zeigen Farbwahrnehmungsschwierigkeiten auf der Protan- oder Deutan-Achse (rot-grün) und der Tritan-Achse (blau-gelb) an. Das Ergebnis der Reihenfolge der Sortieraufgabe wird in ein Formular eingetragen, aus dem dann die Art der Farbschwäche interpretiert werden kann.
Für jüngere Kinder kann man den Test vereinfachen, indem man sechs Teststeine, die jeweils doppelt vorhanden sein müssen, den Gleichen zuordnen lässt. Eine genaue Untersuchung auf eine Rot-Grünstörung mit Hilfe eines Anomaloskops durch den Augenarzt ist bei Kindern in der Regel nicht vor der dritten Grundschulklasse möglich. Ziel ist die Ermittlung eines Anomalquotienten, der Aufschluss über den Schweregrad der Farbstörung gibt.
Der Form-Farbe-Präferenz-Test ist ein Preferential Looking-Test, der an der Stiftung Nikolauspflege in Stuttgart entwickelt wurde. Es ist das Ziel dieses Testes bei Kindern und Jugendlichen, bei denen mit den üblichen Sehtests keine Reaktion nachzuweisen ist, visuelles Interesse zu wecken und eine Hinwendung zu einem visuellen Reiz zu provozieren. Bei diesem Test wird davon ausgegangen, dass grundsätzlich ein visuelles Interesse an Streifen, Punkten, Gesichtern und an auffälligen Farben besteht. Die Ergebnisse des Testes ergeben Hinweise für die Gestaltung von Materialien und Umgebungen.
