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3 Kontrastsehen (ICF-CY b21022)

Bei der Beurteilung der Sehleistung eines Menschen ist die Messung der Kontrastempfindlichkeit (LCS = Low Contrast Sensitivity) von großer Bedeutung. Die Kontrastempfindlichkeit misst die Fähigkeit, unterschiedliche Leuchtdichten von benachbarten Flächen zu erkennen, und ist entscheidend um Tiefe, Kanten und Schatten wahrnehmen zu können. Im Alltag haben Einschränkungen beim Erkennen von schwachen Kontrasten eine hohe Relevanz, da sie das Erkennen von Gesichtern und Gesichtsausdrücken behindern, alltägliche Handlungen und lebenspraktische Fertigkeiten (z. B. das Eingießen von Milch in eine weiße Tasse) erschweren sowie Orientierung und Mobilität (z. B. im Dunkeln oder im Regen) beeinträchtigen. Es ist schwierig, Objekte im niedrigen Kontrast bei schlechter Beleuchtung zu sehen, so dass Menschen mit herabgesetzter Kontrastempfindlichkeit gutes Licht benötigen, um etwas erkennen zu können (vgl. Arntzen-Andrew, Groben, Henriksen 2006, 25).

Grundsätzlich wird unterschieden zwischen dem Leuchtdichtekontrast und dem Farbkontrast.

Der äussere Kreis zeigt das Farbspektrum und der innere Kreis die Helligkeit. Um einen möglichst guten Kontrast zu erzielen, eignen sich Komplementärfarben, die sich zudem hinsichtlich der Helligkeit unterscheiden.
Simulation Kontraststufen nach Michelson in Prozent.

„Der Helligkeitskontrast oder Leuchtdichtekontrast bezeichnet das Verhältnis der Leuchtdichten von zwei benachbarten Flächen. Das Verhältnis der Leuchtdichten von zwei Flächen bleibt gleich, unabhängig davon, ob der Kontrast im hellen Sonnenschein, bei schwachem Licht oder gar in praktischer Dunkelheit ausgemessen wird“ (Schmidt, Buser 2014, 7). Als Leuchtdichtekontrast bezeichnet man also die unterschiedliche Helligkeit von zwei Flächen bei gleicher Farbigkeit.

 

Der Farbkontrast bezeichnet die unterschiedliche farbliche Gestaltung von Objekt und Hintergrund. Menschen mit Störungen des Farbsehens gewinnen visuelle Informationen in erster Linie aufgrund des Leuchtdichtekontrastes. Die Erkennung eines Sehzeichens hängt also nicht nur von seiner Größe ab, sondern auch von der Fähigkeit einer Person, die Leuchtdichteunterschiede, d. h. den Kontrast zwischen Objekt oder Zeichen und Hintergrund wahrzunehmen.

 

Je höher die Ortsfrequenz, d. h. je feiner die Struktur eines Objektes, bzw. je kleiner das Zeichen, desto höher muss auch der Kontrast sein, um das Objekt erkennen zu können. Neben dem Leuchtdichtekontrast kann ein Farbkontrast zusätzliche Informationen liefern. Einen Farbkontrast erzielt man durch die unterschiedliche farbliche Gestaltung von Objekt und Hintergrund. „Sollen Informationen mit Farbe hervorgehoben werden, müssen diese immer auch einen Helligkeitsunterschied aufweisen. Der Helligkeitskontrast muss unabhängig von der Farbe erfüllt werden, damit die Information auch für Personen mit Farbenfehlsichtigkeit erkennbar ist“ (Schmidt, Buser 2014, 15). Die Kontrastempfindlichkeit kann bei bestimmten Augenerkrankungen, wie z. B. Retinopathien, Glaukom, Katarakt und Erkrankungen des Sehnervs und der Hornhaut, beeinträchtigt sein.

Informelle Erhebung des Kontrastsehens

  • Knöpfe auf einem gleichfarbigen Untergrund sortieren
  • Objekte auf dem Boden finden mit derselben Farbe
  • Erschwerte Erkennung von Personen und Gesichtsausdrücken (z.B. auf Fotos)
  • Schwarzschrift wird bevorzugt mit Kontrastschema gelesen
  • Das funktionales Sehen verbessert sich an sonnigen Tagen (mehr Schattenwürfe und klarere Konturen in der Umwelt)

 

 

Vertiefende Literatur

Deutscher Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) (2016). Kontrastreiche Gestaltung öffentlich zugänglicher Gebäude. (Link) 

Lizenz

Sehfunktionen nach ICF-CY und Testverfahren zur visuellen Diagnostik Copyright © Fabian Winter. Alle Rechte vorbehalten.

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